Schildkrötengleich
langsam kriechend, auch rückwärts. Am liebsten zwischen das wachsende Gras, niederlegen, noch zu kalt, aber gern einen Augenblick auf den Schössen des Wintermantels, raufschauen in die Wolken.
Jemand da? Siehst du mich?
Dann noch durchatmen und im Aufstehen auf den Knien beschliessen, den Tag sausen zu lassen und lieber den Schildkröten nach. Vielleicht in das nächste Wirtshaus der komischen Gestalten. Oder doch auf die Parkbank in die Sonne? Nicht lesen, nicht nachdenken, nicht fragen, nicht planen, nicht veröffentlichen, nicht besser machen, gar nicht machen, vor allem nicht machen.
Den Panzer wärmen und das, was davon übrig ist, das auch. Das Flanieren beginnt mit dem Pausieren. Und dem rückwärts Kriechen. Nur, falls mich heute jemand sucht.
(Brigitte Becker, 1968 - 2020, Pfarrerin an der Johanneskirche Zürich)